Fahrgast stürzt beim Anfahren – Wer haftet?
Immer wieder kommt es zu Stürzen und teils schweren Verletzungen, wenn ein Bus anfährt. Doch wie rücksichtsvoll muss der Fahrer eines Linienbusses beim Anfahren sein?
Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht Celle im Jahr 2018 zu befassen und hielt fest, dass der Fahrer eines Linienbusses, der seinen Fahrplan einzuhalten hat, regelmäßig nicht verpflichtet ist, seine Fahrgäste dahingehend zu beobachten, ob diese einen Sitzplatz eingenommen oder festen Halt gefunden haben. Vielmehr ist der Fahrgast einer Straßenbahn oder eines Linienbusses sich grundsätzlich selbst überlassen und verpflichtet, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen.
Ein Fahrgast, der beim Anfahren stürzt, haftet daher grundsätzlich allein, wenn er sich nach dem Einsteigen in einen Bus nicht sofort festen Halt verschafft. Stürzt der Fahrgast beim Anfahren, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Sturz auf mangelnde Vorsicht des Fahrgastes zurückzuführen ist.
Der Fahrer eines Linienbusses braucht sich vor dem Anfahrvorgang nur dann zu vergewissern, ob ein Fahrgast Platz oder Halt im Wagen gefunden hat, wenn sich für ihn aufgrund einer erkennbaren, schwerwiegenden Behinderung des Fahrgastes die Überlegung aufdrängt, dieser werde anderenfalls beim Anfahren stürzen.
Eine erkennbar schwere Behinderung liegt zum Bespiel dann vor, wenn ein gehbehinderter (z. B. ein Beinamputierter auf Krücken) oder ein blinder Fahrgast den Wagen bestiegen hat.